Und ich hatte Recht, als ich sagte, wir sollten mit dem Freuen noch warten! Jetzt haben wir nämlich allen Ernstes ein Urteil an der Backe, das uns nicht nur zur Zahlung einer Strafe verpflichtet, sondern uns als der unterlegenen Streitpartei auch noch die Gerichtsgebühren aufbrummt! Der Rentenfonds hat nämlich leider nur uns davon informiert, dass man sich dort geirrt und gar keine Forderungen gegen uns hat. Das Gericht wusste davon nichts und hat ein Versäumnisurteil erlassen. Jetzt könnten wir natürlich in die nächste Instanz gehen und das Urteil anfechten, und das hatte ich ursprünglich auch vor – mittlerweile bin ich aber zum Schluss gekommen, den mein Liebster von Anfang an nahegelegt hatte, dass uns das nur noch mehr Ärger einbrocken würde.
Auf Nachfrage unserer Juristen sagte man im Rentenfonds nämlich plötzlich, dass da gar kein Irrtum vorliegt, sondern dass es sich um zwei verschiedene Verfahren handelt – das eine wurde eingestellt, und zum anderen wurde eben diese Klage eingereicht. Das ist natürlich völliger Blödsinn, weil die Rücknahme des Antrags sich genau auf die gleichen Unterlagen und die gleichen Verstöße und die gleiche Summe bezog wie die Klage. Es ging in beiden Dokumenten um die Meldungen für 2010, die daraufhin erfolgte interne Prüfung samt Protokoll etc. pp.
Wie gesagt – meine spontane Reaktion war: Berufung. Ich habe nämlich eigentlich überhaupt keine Lust, dem Rentenfonds Geld in den Rachen zu werfen und noch zusätzlich dafür zu zahlen, dass die dort zu dämlich sind, die Klage zurückzuziehen. Aus diversen Gründen werden wir aber genau das jetzt doch tun:
1. Wir sparen uns Geld (allein eine neue Vollmacht kostet mehr), Zeit und Nerven, die für so einen Prozess draufgehen würden, und schließen dieses Kapitel hoffentlich endgültig ab.
2. Wer weiß, ob die beim Rentenfonds nicht noch irgendwelche andere Protokolle basteln würden, damit sie Recht bekämen? Wer weiß, ob das Gericht so unvoreingenommen wäre, eine Entscheidung gegen eine staatliche Behörde zu fällen? Und wer weiß, ob sich das nicht irgendwann und irgendwie noch mal rächen würde? Schließlich haben wir ja schon einen Wisch, der bestätigt, dass alle Schulden beglichen sind, dass das Gewerbe abgemeldet ist. Am Ende rollen die das ganze Verfahren wieder auf, und der Sch…Hürdenlauf beginnt von vorne???
3. Mein Herzliebster ist immer noch russischer Staatsbürger und außerdem der Meinung, dass mit diesem Staat nicht gut Kirschen essen ist. Schuldner können z.B. an der Ausreise ins Ausland gehindert werden, und das wäre ein recht unangenehmer Moment beim nächsten Heimatbesuch, wenn die Grenzer plötzlich erklären: „Gegen Sie liegt ein Vollstreckungsbescheid vor, leider werden Sie Ihren Flug nach Österreich verpassen.“ Und auch die Staatsangehörigkeit wird man nicht los, wenn da noch irgendwelche Altlasten an einem kleben.
Deswegen: Ja, wir kneifen, ja, wir werden zähneknirschend dieses Urteil hinnehmen und – wieder einmal – zahlen. Und ja, ich finde das auch Mist. Wenn sich keiner gegen Behördenwillkür wehrt, wird sie weiter blühen und gedeihen. Aber es lässt sich immer so schön reden, wenn man einen ausländischen Pass in der Tasche hat und selbst nicht Gefahr läuft, dass die eigene Courage Risiken und Nebenwirkungen mit sich bringt, die einen als Bumerang im Genick treffen können, wenn man am wenigsten damit rechnet. Russland ist ein Rechtsstaat, das Recht des Stärkeren gilt dort uneingeschränkt. Auf ein Kräftemessen wollen wir es in diesem Fall nicht ankommen lassen.
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